Kernkompetenz HV-Batterie

Prüf- und Reparaturmöglichkeiten

Kernkompetenz HV-Batterie

14. September 2023 agvs-upsa.ch – Die Hochvoltbatterie dient als Energiespeicher im BEV, Hybrid- oder Plug-in-Hybridfahrzeug für möglichst viel Reichweite und/oder zur Rekuperation. Als teuerste Komponente des Antriebes steht die Langlebigkeit im Zentrum, um auch bei Occasionsfahrzeugen einen Austausch zu vermeiden. Trotzdem müssen Hochvoltbatterien ab und an als Ganzes oder bei fortschrittlichen Servicekonzepten nur einzelne Module ersetzt werden. Andreas Senger


Arbeiten an Hochvoltbatterien erfordern viel Fachwissen, Schutzausrüstung und Respekt. Bisher wurden defekte HV-Batterien meist als komplette Module ersetzt. Die teuren Komponenten müssen aber reparierbar und entsprechend auch Ersatzteile, Prüfgeräte wie auch Spezialwerkzeuge vorhanden sein. Nach dem Ausmessen der Batterie und Prüfungen mit dem Testgerät in verschiedenen Teilschritten geht es an die Zerlegung und den Austausch fehlerhafter Module.

Die Kategorie der Steckerfahrzeuge boomt. Immer mehr Neuwagenkäufer entscheiden sich für einen elektrischen oder einen elektrisch unterstützten Antrieb. Die Anzahl der Hochvoltbatterien im Strassenverkehr nimmt zu. Für die Neuwagenkäufer ist die neue Technologie – solange die Werksgarantie läuft – unproblematisch und wenn Probleme auftreten, werden oft ganze Komponenten, wie im Hauptbild dargestellt, getauscht. Die Lernkurve der Automobilhersteller bei der Produkteentwicklung elektrifizierter Antriebe zeigt steil nach oben. Waren zu Beginn diverse Herausforderungen in Form von Nachbesserungen bei Soft- und Hardware feststellbar, reduzieren sich Ausfälle in Kundenhand zunehmend.
 
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Allerdings laufen erste Leasingverträge aus, der Occasionshandel wird mit alternativ angetriebenen Fahrzeugen durchmischt und die bisherige Wiederverwertung von alten Fahrzeugen durch Export in Länder mit weniger Kaufkraft gestaltet sich schwieriger. Hybrid-, Plug-in-Hybrid oder BEV sind für Exporteure nicht interessant, da bei technischen Problemen weder das Know-how für die Reparatur noch Ersatzteile verfügbar sind. Geschweige denn die Möglichkeit, dank ausgebauter Ladeinfrastruktur die Mobilität auf anderen Kontinenten sicherzustellen.

Einzige Ausnahme bilden Hybridfahrzeuge von Toyota, deren Langlebigkeit sich auch im Wiederverkauf ausserhalb von Europa herumgesprochen hat. Alle anderen Fahrzeuge müssen entweder repariert, was die langfristige Lebenszyklus-CO2-Bilanz positiv beeinflussen würde, oder sie müssen entsorgt und die Komponenten recycelt werden. Die Lebensdauer und damit der «cradle to grave»-Ansatz müssen vermehrt in den Fokus rücken. Es kann aus ökologischer wie ökonomischer Sicht nicht sein, dass insbesondere die im Verkauf deutlich teureren BEV nach rund zehn bis 15 Jahren ausser Verkehr gesetzt werden, weil die Reichweite nicht mehr den Ansprüchen genügt oder technische Ausfälle von Komponenten den Zeitwert übersteigen.


Die Hochvoltbatterie dient der Energieversorgung des Antriebes und der elektrischen Systeme an Bord. Der On-Board-Charger ermöglicht kurze Ladezeiten, und das Batteriemanagementsystem sorgt für eine möglichst hohe Lebensdauer der teuren und reichweitenrelevanten Batteriemodule/-zellen. Foto: BMW


Die Batteriezellen produzieren die Automobilhersteller nicht selber, sondern lassen diese von den vornehmlich in Fernost ansässigen Zulieferern herstellen. Die Zusammenstellung zu Modulen oder die Konfektionierung zu einer Hochvoltbatterie werden zunehmend von den Automobilherstellern umgesetzt. Foto: BMW


Die Bedeutung der Ausbildung
Der Ansatz der Reparaturmöglichkeit muss im Vordergrund stehen. Um eine Komponente des elektrifizierten Antriebsstranges zu prüfen, instand zustellen und kostengünstig wie nachhaltig zu reparieren, müssen die Mitarbeitenden entsprechend ausgebildet und von Seiten der Hersteller und Zulieferer Ersatzteile verfügbar sein. Zudem muss bereits in der Entwicklung daran gedacht werden, dass Steuergeräteplatinen oder Verschleisskomponenten (wie Schütze) gut zugänglich sind und nicht das halbe Fahrzeug zerlegt werden muss, um Einzelteile zu ersetzen.

Die Ausbildungsstrategie des AGVS trägt diesem Umstand Rechnung und hat sowohl in den beruflichen Grundbildungen wie auch in der technischen Weiterbildung zum/-r Automobildiagnostiker/-in diverse Leistungsziele und Ausbildungsinhalte integriert. Die rollende Planung und die konsequente Überarbeitung und Reaktion auf verändernde Anforderungen im Werkstattbereich sind der Motor für die Anpassungen. 

Allerdings wird, wenn die Technologieoffenheit anhält, das Spektrum immer grösser: Die Palette reicht vom modernsten Verbrennungsmotor mit komplexen Abgasnachbehandlungssystemen, Hightech-Motormanagement über aufwendige Thermomanagementsysteme bis zum E-Antrieb mit seinen gänzlich anderen Technologieansätzen und Herausforderungen. Die Frage nach einer Spezialisierung oder die Splittung der Grund- und Weiterbildung wird sich in Zukunft stellen.


Die Batteriemodule sind oft mittels Wärmeleitpaste im Batteriegehäuse angebracht, um den Wärmeaustausch im Betrieb zu optimieren. Entsprechend muss mittels Rahmen ein defektes Modul quasi mechanisch herausgehoben werden.

Bis dahin werden die Automobilhersteller gefordert sein, dank Produktschulung der Händler und dem Ansatz der Priorisierung der Reparaturfreundlichkeit der Fahrzeuge diesen Spagat der Anforderungen zu bewältigen. Erste Ansätze zeigen sich hier deutlich. Bei BMW fährt aktuell die 5. Generation der BEV-Technologie auf der Strasse. Die Modularisierung der Komponenten, die eigene hohe Fertigungsdichte und der Ansatz, die Reparaturen künftig auch an E-Maschinen, Invertern und HV-Batterien zu ermöglichen, zielen in eine sinnvolle Richtung. Auch andere Hersteller wie Porsche stellen fest, dass die Reparaturmöglichkeit auch der teuersten Komponente eines BEV umsetzbar sein muss. Im Händlernetz werden vermehrt Werkstattprofis für die Analyse und Reparatur von HV-Komponenten und insbesondere der Batterien geschult.

Bisher wurden die HV-Batterien vornehmlich bei Problemen als ganze Einheit ausgetauscht. Die Hersteller und Zulieferer mussten diesen Schritt gehen, um im Werk den Ausfall zu analysieren und in der Serie Optimierungen bei Hard- und Software vorzunehmen. Das Zusammenspiel zwischen Zellenlieferanten und Automobilherstellern funktioniert dadurch immer besser. Einige Automobilhersteller wollen deshalb auch die Entwicklungs- und Fertigungskompetenz im Hause behalten, um nicht nur die Komponenten selber zu entwickeln, sondern um sie auch auf eigenen Fertigungsstrassen zu montieren. Die Zeiten sind vorbei, als eine Plattform für Verbrennungsantriebe mit Komponenten von Zulieferern zu einem BEV zusammengebaut wurden. Die Konzeption neuer Fahrzeuge reicht vom antriebsspezifischen Layout bis zum Baukastensystem unterschiedlicher Ausführungen. Die Standardisierung der Hochvoltkomponenten erlaubt es im Aftersales, auch die Ersatzteillogistik hochzufahren, um Reparaturen kosteneffizient und damit kundenfreundlich zu gestalten. 

Verfeinerte Prüf- und Diagnosetools
Im Bereich der HV-Batterie heisst dies konkret, dass die Hersteller Prüf- und Diagnosetools so verfeinern, dass wichtige Informationen des Batteriemanagements ausgelesen und mit Messungen auf Zell- und Modultiefe möglich sind. So lassen sich defekte oder nicht mehr balancierbare Zellen ausfindig machen und Module effizient tauschen. Um die hohen Spannung zu erzielen, müssen enorm viele Einzelzellen in Serie geschaltet werden. Verlieren Zellen aufgrund von Veränderungen der Zellchemie ihre Speicherfähigkeit, hat dies immer auf die gesamte HV-Batterie einen Einfluss. Weniger Kapazität bedeutet zwangsläufig eine geringere Reichweite. Nebst der natürlichen Alterung (kalendarisch) verlieren die Zellen über die Zykluszahl zudem an Speicherfähigkeit. 

Auch Spezialwerkzeuge sind gefordert: Die Demontage der HV-Batterie benötigt einen adäquaten Hubtisch, um die schweren Kästen sicher auszubauen. Nach dem Entfernen der Modulverbinder und der Sensorik ist die Herausforderung, ein defektes Modul aus dem Kasten zu entfernen. Da die Module meist mit dem Batteriekasten über eine Wärmeleitpaste verbunden sind, ist dieser Vorgang ein Kraftakt, der nur mittels entsprechendem Werkzeug (Hubrahmen) umsetzbar ist. 

Vor dem Einsetzen des neuen HV-Moduls muss die korrekte Menge Thermopaste gleichmässig appliziert werden. Die teure Paste muss beim Einsetzen einen flächigen Kontakt für die Wärmeenergieübertragung sicherstellen. Es darf also weder zu viel, noch zu wenig der Paste aufgebracht sein. Für leistungsstarke Fahrzeuge, die auch betreffend Schnellladung punkten sollen, werden deshalb auch Rundzellenakkus verbaut, die direkt von der Kühlflüssigkeit umspült werden. 


Die Speicherdichte und damit die kWh speicherbare, elektrische Energie zur Batteriemasse wird künftig durch neue Werkstoffpaarungen oder Elektrolytlösungen steigen. Um die Schnellladefähigkeit und die Leistung zu erhöhen, werden vermehrt direkt von der Kühlflüssigkeit umspülte Batteriezellen verbaut werden (Rundzellen). Foto: Mercedes AMG

Die unterschiedlichen Arten der Zellen erfordern auch in der Reparatur unterschiedliche Konzepte. Der Zusammenbau der Batterie erfolgt danach grundsätzlich in umgekehrter Reihenfolge. Ein Prüfen des BMS mit seinen vielen Sensorleitungen vor Abdichten des Gehäuses macht genauso Sinn wie nach dem Abdichten des Gehäuses, die Dichtigkeit von Kältemittel- und Kühlflüssigkeitsleitungen zu prüfen. Ausserdem muss das Über- und Unterdruckventil vor dem Einbau ins Fahrzeug gecheckt werden.

Nach dem Befüllen und zum Teil aufwendigen Entlüften des Thermomanagementsystems sorgt eine Schlussprüfung dafür, dass das Fahrzeug repariert wieder dem Kunden übergeben werden kann. Dass Batteriereparaturen teuer sind, liegt in der Tatsache, dass Aus- und Einbau aber auch die Arbeiten an sich zeitintensiv sind. Darum lassen auch einige Hersteller ihre Batterien nicht in den Händler-Werkstätten, sondern von spezialisierten Reparaturbetrieben bearbeiten. Die Firma Galliker hat beispielsweise in Nebikon LU ein entsprechendes Center aufgebaut und betreibt dieses seit 2020. Unter anderem werden HV-Batterien der Marke Renault wieder auf Vordermann gebracht.
 
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